Digitalpakt – Update 8: Die Schwierigkeiten

Der im Bereich der Infrastruktur gesetzte Schwerpunkt des Digitalpakts ist zu begrüßen: Mit der „Finanzspritze“ lassen sich Planung, Beschaffung und Inbetriebsetzung strukturierter Vernetzungen, WLANs, Server-/Speicherlösungen oder Aufbau bzw. Weiterentwicklung von Lern-/Kommunikationsplattformen oder Cloudangeboten realisieren. Hierbei handelt es sich um Investitionen, die zumeist lange genutzt werden können.

Anders verhält es sich hingegen bei ebenfalls unbeschränkt förderfähigen „Anzeige- und Interaktionsgeräten“ (d. h. IWBs, interaktive Displays, Beamer oder Großmonitore), deren Nutzungsdauer max. 10 Jahre betragen dürfte: Hier ist die Anschaffung ohne größeren planerischen Vorlauf möglich, jedoch sollte bei Lieferung gleich bedacht werden, wie man das Nachfolgeprodukt einige Jahre später sowie die Entsorgung des Altgerätes finanziert.

Die Beschaffung schulgebundener mobiler Endgeräte ist hingegen mehrfach begrenzt und nur förderfähig, wenn
– die (eingangs erwähnte) Infrastruktur vorhanden ist,
– ein Medienkonzept den Bedarf widerspiegelt und
– Obergrenzen zum Ende des Digitalpakts nicht überschritten werden (20% des ges. Investitionsvolumens, 25T€/Schule).
Der verbreitet gemachte Fehler, mobile Endgeräte ohne eine taugliche Infrastruktur ins Feld zu bringen, wird damit künftig vermieden.
So weit, so gut.

Kritik am Digitalpakt wurde laut, nachdem die Bund-Länder-Vereinbarung nicht noch einmal umfassender geändert wurde und nun kein Personal für den technischen Support aus den Mitteln finanziert werden kann.
Dies ist jedoch nicht zu beanstanden, da es sich beim IT-Support um eine vom Schulträger sicherzustellende Daueraufgabe handelt, die bei vorhandener Ausstattung auch über den Digitalpakt hinaus bestehen wird, also nicht aus Projektmitteln zu finanzieren ist. Bei den Anträgen wird überdies die Gewährleistung des IT-Supports zwingend nachzuweisen sein. Der Fördergeber möchte sich hierdurch vergewissern, dass nach Betriebsstörungen keine Investitionsruinen entstehen; allerdings lässt sich der IT-Support im Antragsverfahren etwas halbherzig (durch Ankreuzen) abhandeln.

Hier liegt aber nun ein neues Problem: Wo sollen die vielen Fachkräfte (Fachinformatiker, techn. Assistenten oder Elektroniker) für den technischen Support herkommen? In der freien Wirtschaft sind dies bereits echte Mangelbereiche und der öffentliche Dienst bietet mit seinem Entgeltgefüge kein Lockmittel.
Alternativen sind zudem nicht in Sicht, da die geborenen kommunalen Partner, die ehem. Gebietsrechenzentren, häufig nicht auf die Schul-Kundschaft eingestellt sind und weil es dem IT-Laden an der Ecke ebenfalls schlicht an Kapazitäten (personell und/oder Know-How) fehlt, sich um Schulen und deren Bedürfnisse zu kümmern. Große Systemhäuser und Dienstleister können sich auch nicht überall anbieten.

Der Mangel an Fachkräften wird sich aber im Rahmen des Digitalpakts bereits viel früher bemerkbar machen, denn bereits jetzt sind Planungs- und vor allem Ausführungskapazitäten (Fachingenieure und Elektroniker), die zur Herstellung der Infrastrukturen erforderlich sind, völlig überbucht. Das offenbart sich Auftraggebern bereits jetzt durch lange Wartezeiten. Wenn dann durch den Digitalpakt in einem leergefegten Markt der Nachfragedruck weiter steigt, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Noch längere Wartezeiten oder höhere Preise, vielleicht aber auch beides.
Bereits bei der Breitbandförderung zeig(t)en sich diese Umsetzungsschwierigkeiten, sprich: Das Glasfaserkabel steht irgendwann auf der großen Rolle neben der Straße, es fehlen aber die Menschen, die dessen Verbringung unter die Erde planen und vor allem ausführen können.

Vielleicht vertreiben sich einige Schulen und Schulträger dann die Wartezeit mit der Beschaffung von Präsentationstechnik; bereits jetzt ist zu spüren, dass gewählte Vertreter ein gewisses Vergnügen daran haben, derart hergerichtete Unterrichtsräume zu eröffnen. Zum einen verständlich, denn weder das Kabel im Kanal noch das WLAN lassen sich sehen oder zeigen. Zum anderen aber auch etwas kurz gesprungen, denn Unterricht verändert oder entwickelt sich durch solch einen „Tafelersatz“ nicht zwingend und die rohstoffbindenden Großgeräte werden vorauss. kurz nach Ablauf der Garantiefrist zu erneuern sein. Präsentationstechnik hätte besser auch – ähnlich der mobilen Endgeräte – gedeckelt und an die Infrastruktur-Voraussetzung geknüpft werden sollen, sodass keine Komplett-Überstülpungen stattfinden können.

Schulträger drückten sich zumeist bislang um Medienentwicklungspläne (MEP), allerdings wird so etwas in dieser Richtung jetzt Antragsvoraussetzung. Da der gemeine Schulträger also etwas ungeübt ist, wird man sich zahlreich bei Beratern behelfen – die Kosten sind ja schließlich förderfähig. Es gibt renommierte und gute Berater, es gibt aber auch ausreichend andere; die einen haben ganz ordentliche Preise, bei den anderen ist angesichts der Leistung und der Expertise teils auch preiswert noch zu teuer. Eine Investitionsplanung mit Support-Konzept und mit aus den Medienkonzepten abgeleiteten Zielen sollte (zumindest in NRW) jeder Schulträger aber auch mit etwas Hilfe der Medienberatung aufstellen können – ein MEP muss keine 40, 60, 80 oder noch mehr Seiten umfassen.
Allerdings ist auch die Medienberatung etwa in NRW nicht allerorten gleichermaßen gut aufgestellt.

Die Schulen, um die es ja eigentlich geht und die letztlich alles umsetzen müssen, werden manchmal (und vielleicht nicht nur im Digitalen) schon ein bisschen zerrieben zwischen den Ansprüchen der Bildungspolitik, der Eltern und der Schulträger. Die eigentlich sehr wünschenswerte Schulentwicklung im Zeitalter der Digitalität wird in der Kürze der Zeit nicht stattfinden können, wenn man sich nicht jetzt bereits auf den Weg gemacht hat. Es wird vermutlich häufig passieren, dass (teils auch auf Empfehlung von Beratern) mit dem Geschwurbel von „Pädagogik vor Technik“, „Ende der Kreidezeit“ und „Mehrwerten“ Konzepte erstellt werden, die vordergründig zum Geldabschöpfen und Technik-Ausstellen befähigen, denen aber keine innere, organische Entwicklung zugrunde liegt. Der spätere „Erfolg“: Das Arbeitsblatt zum 15 Jahre alten Schulbuch kann papierlos ausgeteilt und ausgefüllt auf den Schirm gebeamt werden. Toll…

Die Qualifikation der Lehrenden haben sich die Länder selbst ins Pflichtenheft geschrieben, jedoch ist auch dies eine Dauerbaustelle weit über den Digitalpakt hinaus. Externen Anbietern ist kaum begreiflich zu machen, wie winzig die Fortbildungsbudgets der Schulen sind. Die staatliche Fortbildung steht und fällt zudem mit dem Angebot an Moderierenden, das auch nicht überall gleich ist. Legt man wie die KMK oder der MKR NRW zudem noch Wert auf das Verstehen von Algorithmen oder das Programmieren, so wird die Luft noch dünner, da es natürlich auch im staatlichen Lehrbetrieb (Lehrende wie Moderierende) an Informatik-Fachpersonal fehlt. Nicht überall kann man das Glück haben, eine potente Stiftung, einen Großbetrieb als Mäzen oder – wie hier- rührige Ehrenamtliche vor Ort zu haben, die einem bei Fortbildung oder Unterrichtsangeboten zur Seite springen.

Der Fortbildung des vorhandenen Personals vorgeschaltet ist natürlich die Ausbildung des künftigen Lehrpersonals. Kurz gesagt: Nach flüchtiger Beobachtung ist auch dort die „neue Zeit“ noch nicht in der notwendigen Breite angekommen. Gleichwohl gibt es auch hier Inseln der Glückseligkeit, auf denen Lehrbeauftragte bzw. Fachleitende Pionierarbeit leisten und die nächste Generation begeistern können.

Abgesehen vom evidenten Fachkräftemangel lassen sich die anderen Probleme zumindest begrenzen, wenn sich die Beteiligten vernetzen, allen voran die Lehrenden: Unterrichtsideen austauschen, Impulse setzen, Gelungenes und Missratenes benennen, Produkteigenheiten nicht geheim halten, sich bei Entwicklungen zusammentun – im Großen wie im Kleinen – und das lokal, regional und international.
Auch die staatliche Fortbildung sollte sich vernetzen, schließlich auch die Schulträger (der Digitalpakt lässt gemeinsame Anträge zu). Es genügt, wenn einer das Rad erfindet – nur rund muss es eben sein; an Schulen bringt diese Haltung hoffentlich auch den OER-Gedanken weiter nach vorne.